Forscherliga-Wiki
Advertisement
Information Dieser Artikel wurde als Kandidat für den "Artikel der Woche" vorgeschlagen. Eine Übersicht über die aktuellen Vorschläge findet sich "hier". Ein paar Hinweise, wie ein guter Artikel der Woche verfasst sein sollte, gibt "diese Anleitung".

Im Rahmen des Storybogens um die Familie von Arken van Roth und ihre Vergangenheit, erschien mit Totenklage ein Festrollen-NSC, der sich mit seiner düsteren Vergangenheit zu einem der Hauptantagonisten entwickelte. Totenklage, eine Untote, die zu ihren Lebzeiten als Julia von Tieritz bekannt war, war die Verlobte von Arken van Roths Bruder, Karun, die bei der Reinigung von Stratholme von Arken selbst gerichtet wurde. Karun hingegen wurde später von Arken als Deserteur der Lordaeroner Streitkräfte gerichtet, konnte jedoch durch ein Bündnis mit unheiligen Kräften vor dem Tode bewahrt werden. Eben jene Kräfte, die ihm seine Verlobte zurück gaben, die jedoch an ihre Zeit als Lebende keine Erinnerung hatte und eher eine Marionette von Karuns Willen war. Nur hin und wieder hatte sie Erinnerungsmomente an ihre alte Persönlichkeit, die sich zumeist unter ihrem Wahnsinn verbarg.

Amentes, Amentes[]

"Amantes amentes." ("Liebende sind Verrückte.")
- Terenz, Andria I, 3

Mein lieber Karun,

Manchmal, nachts, wenn dein Vater in traumlosen Schlaf verfallen ist, und die Welt umher mit ihm ruht, beginnen meine Hände zu schreiben. Ich weiß nicht, warum sie das tun, noch wer sie lenkt. Vielleicht bin ich das, vielleicht ein anderer. Wenn du jemals durch fremden Willen gelenkt wurdest, geliebter Sohn, wirst du verstehen, dass man manche Dinge einfach geschehen lässt.
Die Menschen sagen, die Liebe siegt über Alles. Sie haben Recht, doch wie der Narr, der singend die Wahrheit kund tut, ist es ihnen nicht im mindesten bewusst, wie sehr sie damit Recht haben.
Wenn man wieder ersteht, mein Schöner, mit dem vagen Nachhall, wie es war, als sich die Augen zum letzten Mal schlossen, wenn man selbst das Leben nicht mehr hat, wenn der Wahnsinn nach dir greift, weil du die Bewegungen von Insekten spürst, die in übergroßer Zahl deinen eigenen Körper fressen und dir nicht einmal die selige, beherrschte Unwissenheit eines kontrollierten Guhls bleibt. Wenn du deinen eigenen Willen zurückerlangst, als untotes Wesen, muss du besessen sein, Karun. Oder du zerbrichst.
Die Liebe überwindet alles. Sie überwindet das Gefühl, wenn die eigene Haut wie Papier zerreißt, wenn dein kalter Körper rastlos den Morgen erwartet, wenn deine Hände nicht mehr fähig sind, die Wärme deines Geliebten zu spüren, sondern nur das abstoßende Blut, das träge und warm unter seiner Haut pulsiert.
Verachte mich nicht, mein Sohn. Ich habe viel getan, was für andere schändlich wirkt. Ich werde noch viel weiter gehen. Ich werde vor nichts Halt machen, ich werde keinerlei Reue empfinden, und wenn Dämonen selbst aus den Schatten erstehen, um mich als einen der ihren zu empfangen, denn ich bin von dem vollkommensten Gefühl besessen, zu dem ein Mensch fähig ist.
Die Liebe siegt über alles, mein Sohn.
Auch über das Gewissen.

Lerne, und mache deine Eltern stolz,

Julia

Ab imo pectore.[]

"Ab imo pectore." (deutsch: "Von ganzem Herzen.")
- Ovid, Metamorphosen, 10. Buch, Vers 402f

Hätte ich geahnt, wie sehr mich meine Erziehung zur Dame vorbereiten würde, ein untotes Leben zu führen, wäre mir die Ironie des Ganzen vielleicht schon zuvor aufgefallen.

Mein Körper zerfällt. Eine einfache Tatsache, mit der ich mich jeden Tag meines Lebens auseinandersetzen muss. Ich bestehe aus totem Fleisch, Insekten brüten darin, Fäulnis breitet sich aus. Doch ich stehe dem ganzen nicht hilflos gegenüber.
Irgendwann beginnt man, das ganze aus einer anderen Perspektive zu sehen. Man löst sich vom Persönlichen, lernt, die Dinge als notwendiges Übel zu akzeptieren. Ich sehe nicht mehr die Elfe mit Familien und Träumen, das Mädchen, das der Welt entschlossen entgegentritt, nur mit Bogen und Wünschen bewaffnet. Ich sehe ein Ersatzteillager, eine Möglichkeit, diese meine Pflicht noch weiter zu erfüllen.
Du denkst, das ist grausam, ein Leben ohne jede Regung, außer vielleicht Zufriedenheit, verlöschen zu lassen? Was hast du bei der letzten Hinrichtung gedacht, mein voreiliger Freund? Einer stirbt, viele leben besser. Es ist so gerecht, wie es nur sein könnte, mit dem Unterschied, dass mich das Leben vieler nicht mehr interessiert.

Doch abseits des Verfalls hat mir mein neues Leben noch so viel mehr unterbunden.
Eine Untote aus den ewigen Reihen der schwarzen Klinge meinte einst, sie vermisse es, zu Weinen. Keine Tränen mehr zu vergießen, keine Möglichkeit, ihren Gefährten zu zeigen, dass sie in Trauer war über all das Elend.
Eine Dame hat gelernt, das Tränen ein Luxus sind, den sie sich nicht leisten darf. Jede Gefühlsregung, die sich dergestalt öffentlich äußert, ist Politik, jedes Zeichen auf eine Meinung wird beobachtet und im Zweifelsfall gegen dich gewendet.
Ich kann nicht mehr Weinen, noch kann ich Lachen. Es ist so eine Erleichterung. Es ist eine Stärke, wie ich nie hoffen konnte, sie zu erreichen.
Ich kann mich nun auf die eine Regung konzentrieren, die mich noch zu bewegen kann, die Hingabe zu Karun, zu seinem Leben. Ich werfe alles in die Wagschale, weil mich nichts mehr zögern lässt. Ich, nur ich, bin dazu fähig. Von ganzem Herzen, auch wenn es schon längst zerfallen ist, und der einzige Puls in meinen Adern zuckende Insekten sind, die einzige Regung in meiner Brust das Kriechen von Maden.

Nun, im Tod, bin ich das, was die lebende Gesellschaft von ihren Töchtern erwartet.
Perfekt.
Es ist so traurig, dass ich darüber lachen kann.

Corruptio optimi pessima.[]

"Corruptio optimi pessima." (deutsch: "Die Entartung des Besten führt zum Schlimmsten.") - nach Gregorius Magnus

Die Lebenden bekämpfen das Untote, wo immer sie es finden. Es erschreckt sie, wie alles Unbekannte. Würden sie doch begreifen, mein Kind. Würden sie doch sehen, welches Wunder sich vor ihnen offenbart - sie würden sich in ihre eigenen Waffen stürzen... nun, vielleicht nicht. Ich bestreite nicht, dass das Leben etwas wunderbares ist, mein Sohn. Das Leben, wie es dir genommen wurde, noch bevor du es begreifen konntest, ist eine Zeit des steten Lernens und Begreifens, des Entdeckens und Staunens.
Doch die Lebenden wissen nichts davon. Sie fristen es mehr, dass sie es schätzen. Sie werfen das Höchste weg, schlagen Zeit wie ein lästiges Insekt tot.
Der Untote, den ich aus den Resten des Kaders zusammenfügte sagte es am besten. "So seid ihr Lebenden. Das Leben ist an euch verschwendet." Er hat Recht, weißt du, Karun?
Nein, natürlich weißt du nicht. Du bist tot, unrettbar verloren. Also lass mich dir vom Untod erzählen.
Vom kleinsten Eiferer bis zum König der Liche selbst versuchte jeder, Worte für die Überlegenheit dieser Existenz zu finden. Den Lebenden das Unbegreifliche begreiflich zu machen, ein Unleben jenseits ihrer kleinen Grenzen, die sie für sich selbst gesetzt hatten, um ihre Blindheit 'Moral' zu heißen.
Als der Knappe von Arken mich erzürnte, beschloss ich, ihm meine Ziele näher zu bringen. Seine Familie ist ebenfalls gestorben, musst du wissen, vor langer Zeit. Doch ihre Körper zuckten, als ich sie zu mir rief, brachen durch feuchte Erde und festgestampften Lehm, um einmal mehr zu Wandeln.
Vielleicht, Nein, sicher widert es viele an. Sie sehen verfaulte, aufgedunsene Leiber, verrottende Zeugnisse ihrer eigenen Vergänglichkeit, die mit fehlenden Augen in diese Welt starren, von einem unbekannten Willen gelenkt, von unbekannten Zielen angetrieben.
Oh, sie sind mir so ähnlich, mein Kind. Ich wurde um dich betrogen, doch als die Ghule aus ihren Gräbern stiegen, als ich den leisen Nachhall der Geister hörte, die sie einst waren... sie waren mir Kinder, einmal mehr in diese Welt geboren.
Ich kann Leben schaffen.
Und ist das nicht das Höchste, wozu Lebende fähig sind?
Ich werde immer besser darin. Geistlose Gebilde werden zu schlurfenden, eigenständig handelnden Körpern. Ich kann ihnen sogar eine Stimme schenken.
Ich wünschte, du könntest hier sein, auf all das blicken, was ich geschaffen habe. All die Pracht! All der Glanz! Ich schaffe Leben, das niemals vergehen muss, mein Sohn.
Wird es mir vergönnt sein, auch dich eines Tages wiederzusehen?

Actus non facit reum nisi mens sit rea.[]

"Actus non facit reum nisi mens sit rea." (Rechtsgrundsatz; deutsch: "Keine Schuld ohne Bewusstsein der Schuld.")

Schuld, mein Sohn, ist etwas rein menschliches. Nie würde es einem Tier einfallen, dem Fuchs Vorwürfe zu machen, weil er die Gans reißt. Niemand verurteilt den Blitz, der jemanden erschlägt.
Ist es nicht bigott, sich über all das zu stellen, aber dennoch an so einem schwachen Grundsatz festzuhalten? Was meinst du, mein Kind?
Doch sollte das Licht selbst nicht die gnädige Wärme sein, von der meine Freundin immer gesprochen hat, als sie Priesterin wurde, sondern der harte Richter, das grausame Schwert, das schlachtend unter die fährt, die ihm ins Auge fallen... wie viel größer ist mein Wunsch, über es zu triumphieren.
Sie sollen mir die Schuld geben, mein Schöner. Sie sollen deine Mutter verfluchen, zähneknirschend, sie sollen mich hassen, verachten und tausendfach urteilen.
All das wäre es mir wert, wenn dein Vater rein bleibt, Karun. Wenn sein Ruhm in nie gekannte Höhen steigt, wenn er den Richter selbst durch Reinheit stürzt. Er ist für Höheres bestimmt. Ihn trifft keine Schuld. Ist er nicht wie das Licht selbst, urteilend und strafend?
Er ist so wunderschön...
Wunderschön und ohne Fehl, erhaben über Alles.
Ich werde ihn ewig davor bewahren, wie wir gewöhnliche Sünder zu werden.

Gutta cavat lapidem non vi sed saepe cadendo.[]

"Gutta cavat lapidem non vi sed saepe cadendo." (deutsch: "Der Tropfen höhlt den Stein nicht durch Kraft, sondern durch stetes Fallen.")
- Ovid, epistulae ex Ponto 4, 10 5

Mein lieber Karun,

mein letzter Brief ist lange her. Ich entschuldige mich. Es ist manchmal schwer, so aus der Ferne auf deinen Vater acht zu geben.

Die Ferne. Viele sagen, Abstand würde Liebe töten. Andere geben das Gegenteil von sich. Du wirst es noch oft in deinem Leben hören, und sie alle schwätzen. Wahre Liebe überbrückt.

Ich erzähle dir das, weil ich mich wieder erinnerte, wie ich deinen Vater kennenlernte. Wenn ich die Augen schließe sehe ich mich wieder selbst, damals. Kaum älter als du heute, ein scheues, junges Ding mit großen Augen, das an der Seite ihrer Schwester von ihrem Vater dem Hof vorgestellt wurde.
Hättest du doch nur die Pracht des alten Lordarons sehen können. Die Bälle! Die Menschen! Die Säle und Bauten! Nichts, was deine Augen erspähen werden, kann dem gerecht werden.
Dein Vater war Page zu dieser Zeit. Ich weiß, wie meine Augen zufällig auf die seinen trafen. Schon damals besaßen sie das grau von ruhigem Nebel, ein allumfassendes Wabern, das die ganze Welt umschließen kann.
Keine Sekunde, da hatte ich die meinen schon wieder scheu niedergeschlagen.
Wir hatten uns nicht berührt, wir hatten kein Wort miteinander gewechselt. Wir waren uns nicht näher als zehn Schritte gekommen.

Und dennoch, Karun, tanzte ich den ganzen Abend nur mit deinem Vater.

Ultio.[]

Ultio.

Mein Sohn,
Ich wollte es nicht glauben, konnte es nicht glauben, doch die Welt ist ein grausamer, schrecklicher Ort, und man kann nichts, was geschehen ist, durch bloße Trauer zurückweisen.
Es stimmt, er ist gegangen, ich bin geblieben, wie ein überflüssiges Relikt, mit einer einzigen Mission.
Rache.
Rache.
Rache.
Das letzte, was mich zurückgehalten hat, ist gestorben. Die Angst, seine Augen könnten mich missbilligend mustern, wenn ich etwas lichtfernes tue, ist vergangen.
Mein Sohn, was zerstört wurde, kann nie wieder erbaut werden.
Ich werde ihm ein Denkmal für die Ewigkeit setzen.

In Liebe,
Julia

Advertisement